Buddhistische Bildungskonzepte in Gemeinde, Schule und Universität
Das Allgemeinwissen über den Buddhismus in Deutschland lässt stark zu wünschen übrig. Das öffentliche Interesse, das dieser Religion weltweit zukommt, spiegelt sich in deutschen Bildungseinrichtungen nicht wider. In Deutschland ist der Buddhismus nach dem Islam die nächstgroße nicht christliche Religion. Die Geschichte der Buddhismuskunde reicht in Deutschland mindestens bis in das Jahr 1860 zurück. Wo und wie wird heute der Buddhismus als Religion gelehrt, sei es an deutschen Hochschulen, im Schulunterricht, in buddhistischen Gemeinschaften für Kinder und Jugendliche oder in der Erwachsenenbildung in buddhistischen Zentren? Und welche buddhistischen Bildungskonzepte stehen dahinter? Welche Impulse können vom Buddhismus für den Schulunterricht und die Fortbildung von Lehrkräften ausgehen? Ein wichtiges buddhistisches Konzept ist das der kontemplativen Bildung, wie sie in Achtsamkeit und Meditation ihren Ausdruck findet, aber der Buddhismus lässt sich nicht darauf reduzieren.
2500 Jahre alt und immer noch missverstanden
Selbst nach rund 150 Jahren Entwicklungsgeschichte des Buddhismus in Deutschland zeugt das vorherrschende Buddhismusbild in Schulen und in breiten Teilen der Bevölkerung noch immer von wenig grundständiger Kenntnis über diese mehr als 2500 Jahre alte „fernöstliche“ Religion. Welches Klischee über den Buddhismus im Alltag vorherrscht, verrät uns ein Blick auf den ersten Absatz im Editorial von „Buddhismus verstehen“ aus der Reihe der SympathieMagazine:
„Der Buddhismus kennt kein Dogma, keine Hierarchie, keinen Papst, nicht einmal einen heiligen Text. Er gilt als Religion der Einsicht, als Auseinandersetzung mit den Grundtatsachen allen Lebens, er gilt als friedliebend, unpolitisch, antiautoritär und tolerant. Manchen Sinn- und Hilfesuchenden erscheint er als Alternative zu den etablierten Religionen ‒ und als Gegenmodell zur überwiegend auf materielles Wachstum ausgerichteten kapitalistischen Lebens- und Wirtschaftsweise.“
Auf solche Aussagen berufen sich auch deutsche Behörden wie z. B. die Kultusministerien. Dieses Zitat macht deutlich, wie dringend geboten eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Buddhismus ist. Gäbe es z. B. im Buddhismus keine heiligen Texte, wie erklären sich dann weltweit Ausstellungen und Forschungsprojekte zu frühbuddhistischen Manuskripten, darunter viele kanonische Texte? Die Worte Buddhas werden von Buddhistinnen und Buddhisten als heilig erachtet und als eines der drei Juwelen der Zufluchtnahme verehrt.
Über die Autorin
Dr. phil. Carola Roloff ist Religionswissenschaftlerin, Theologin, Buddhismuslehrerin und buddhistische Nonne mit dem Ordensnamen Bhiksuni Jampa Tsedroen. Der Selbstmord in einer befreundeten Familie führte sie zu Glaubensproblemen und zur Frage nach der Ursache des Leidens. Sie begann, sich mit buddhistischer Philosophie zu beschäftigen, wurde mit 21 Jahren Buddhistin. Neben der Tätigkeit als Übersetzerin leitet sie mit einem Team das Tibetische Zentrum in Hamburg. Seit 2018 ist sie Gastprofessorin für Buddhismus, Stiftungsdozentur im Bereich Buddhismus und Dialog in Modernen Gesellschaften (bis 2025), Universität Hamburg, Akademie der Weltreligionen.