Hitlerjunge, Soldat, Mönch
Die Kapuziner: Das Leben im katholischen Bettelorden
Um 6:30 Uhr aufstehen zum stillen Gebet, 8:00 Uhr Meditation, 9:00 Uhr Eucharistiefeier, 18:00 Uhr Abendgebet, 21:00 Uhr persönliches Nachtgebet. Dazwischen Studium, Lesen und Seelsorge.
Das ist der Tagesablauf eines Mannes, der als Mitglied des Kapuzinerordens sein Leben dem Glauben widmet. Doch wer sind die Kapuziner heute? Um das zu beantworten, sollte man zu den Anfängen dieses Ordens zurückkehren.
Die Kapuziner entstanden als selbstständiger Zweig aus dem Franziskanerorden.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts gab es innerhalb des Franziskanerordens mehrere Reformbestrebungen.
Matteo da Bascio, Ordensbruder und italienischer Priester, kam im Jahr 1525 zu der Überzeugung, dass der Lebensstil der Franziskaner nicht mehr dem ursprünglichen Gedanken Franziskus entsprach. So fasste er den Entschluss, den Orden zu verlassen.
Da Bascio entschied sich, sein Leben der Buße und Einsamkeit zu widmen.
Da die kirchliche Autorität Reformen kritisch sah – besonders da sich zu dieser Zeit die lutherischen Reformen vollzogen – verfolgten und verhafteten sie Da Bascio. Ließen ihn aber auf Drängen der Herzogin von Camerino frei.
Da Bascio setzte seine Reise fort. Ihm schlossen sich vier weitere Franziskaner an. Immer noch unter Verfolgung, versteckten sich die Männer bei den Kamaldulensern von Cupramontana und übernahmen die von diesem Orden getragene Kapuze. Sie wurde zusammen mit dem Bart das Markenzeichen der Eremiten.
1528 erhielt Da Bascio durch Vermittlung der Herzogin von Camerino die Approbation des Papstes. Er gestattete ihm und allen, die sich ihm anschlossen, ihre Wanderpredigt fortzuführen.
Ein Meilenstein wird gesetzt.
Mit der Erlaubnis des Papstes im Jahr 1574 „sich in Frankreich und in allen anderen Ländern der Welt niederlassen zu dürfen und Häuser, Niederlassungen, Kustodien und Provinzen zu errichten“, war ein Meilenstein gesetzt: Die Ausbreitung des Ordens über Italien hinaus war autorisiert.
Während es vor 200 Jahren über 30.000 Kapuziner gab, gibt es heute weltweit noch rund 11.000.
Von Beginn an waren die Kapuziner volksverbunden und setzten sich besonders in der Pflege der Pestkranken ein, wodurch sie einen großen Rückhalt beim Volk gewannen. Der Orden nahm rasch zu an Zahl und Popularität.
Was die Kapuziner noch heute auszeichnet, ist ein bescheidenes Leben in meist kleinen Einsiedeleien etwas abseits von Städten und Dörfern, welches sie der Solidarität mit Armen, Kranken und Schwachen widmen. Viele der Ordensbrüder gehen seelsorglichen Aufgaben nach.
So positiv das klingt, so negativ kann die Kritik an dem Orden ausfallen.
In dem Buch „Hitlerjunge – Soldat – Mönch“ zeigen die drei Autoren Klaus-Peter Grünschläger, Franz Josef Schäfer und Ulrich Zimmerer, das Leben von Hans-Günther Geibel (1925–1984) auf.
Geibel, Sohn eines überzeugten Nationalsozialisten, stellte in der Nachkriegszeit sein Leben unter das christliche Kreuz. Als Frater Coelestin, Lehrer an einer katholischen Ordensschule, erkennt er dort Parallelen zum Aufwachsen in der Hitler-Jugend. Wieder muss er sich gegen autoritäre Pädagogikkonzepte behaupten, um sich und seinen Überzeugungen treu zu bleiben.
Über die Autoren
Diplom-Ingenieur Klaus-Peter Grünschläger war Internatsschüler und besuchte die „Privatschule“ der Kapuziner in Bensheim. Durch seine Freundschaft zu Hans-Günther Geibel (Frater Coelestin) konnten brisante Dokumente erhalten werden.
Oberstudienrat Franz Josef Schäfer war Lehrer (Geschichte, Deutsch) an der Geschwister-Scholl-Schule in Bensheim. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte des Kapuzinerklosters Bensheims, Südhessens und des Saarlandes.
Dr. Ulrich Zimmerer, selbstständiger Neurologe, Psychiater und Psychoanalytiker, war Internatsschüler im Fidelis-Kolleg und besuchte das Alte Kurfürstliche Gymnasium in Bensheim. Seine Analyse lässt uns tief in die „Schwarze Pädagogik“ jener Zeit blicken.