Trauerphasen und Trauerbewältigung: sich Zeit geben und den Prozess akzeptieren
Angehörige haben mit dem Verlust einer geliebten Person oft große Schwierigkeiten. Jedes Gespräch ist abgerissen, es gibt keine Telefonate und keine Treffen mehr, und zwar für immer. Dies zu akzeptieren, ist ein langer Weg, der durch verschiedene Trauerphasen zur Trauerbewältigung führt. Peter Fenwick, Autor des Buches „Die Kunst des Sterbens“, hat sich nicht nur eingehend mit den Sterbeprozessen beschäftigt, sondern auch damit, dass man den Verstorbenen loslassen muss.
September 2021. Für die Trauerbewältigung muss ein Angehöriger oder eine Freundin einige Stationen durchlaufen. Dabei ist es bedeutsam, dass diese Stationen bewusst erkannt, durchlebt und nicht abgetan oder missachtet werden. Je mehr man sich darüber klar ist, in welcher der Trauerphasen man sich gerade befindet, umso eher wird man sie erfolgreich durchlaufen. Es gibt Personen, die in einer Station hängen bleiben, weil sie nicht wissen, dass es Zeit für einen Wechsel zur nächsten Stufe wird. Andere überspringen aus Unkenntnis die eine oder andere Phase, um möglichst schnell wieder „alltagstauglich“ zu sein. Am Ende wundern sich beide Gruppen, warum sie mit ihrer Trauer so schlecht zurechtkommen und diese kein Ende nimmt.
Es geht wohlgemerkt nicht darum, den Verstorbenen oder die Verstorbene zu vergessen. Er bzw. sie wird immer einen Platz im eigenen Herzen einnehmen und man wird ihn bzw. sie sicher noch oft vermissen. So kommen einem auch später noch spontan Sätze wie „Ach, das würde ich ihm oder ihr gern erzählen“ über die Lippen. Aber ein wehmütiges Erinnern ist etwas anderes als eine tiefe Trauer. Diese müssen Angehörige mit der Zeit ablegen, um ihr eigenes Leben wieder genießen zu können.
Trauern in mehreren Schritten
Es gibt mehrere Phasen der Trauerbewältigung: Zunächst wird der Tod der Angehörigen oder des engen Freundes geleugnet. Dann gerät man in Wut und trägt Schuldgefühle mit sich herum. Es folgt eine Zeit voller Chaos in Sachen Gefühle, gefolgt von dem Versuch, mit dem Schicksal oder Gott zu feilschen, es oder ihn anzuklagen. Depressionen und Angstgefühle folgen diesem inneren Zustand auf dem Fuß. Doch dann kommt die Phase des Akzeptierens und der Prozess ist durchlaufen. Werfen wir einen genaueren Blick auf diese einzelnen Trauerphasen.
– Der Tod wird geleugnet
Es ist eine instinktive Reaktion, den Tod des oder der nahen Angehörigen zu verleugnen. Die Wucht dieses Ereignisses ist zu groß, um sofort damit fertig zu werden. Der Schock sitzt tief, selbst wenn der Tod absehbar war. Zur Verarbeitung eines solchen Schockerlebnisses, das einem das Herz zerreißt, braucht man viel Zeit. Darum ist es völlig in Ordnung, zunächst einmal Nein zu sagen. Man sollte sich diese Zeit lassen.
– Wut und Schuldgefühle
Anschließend wird man wütend: auf die Ärzte, auf das Schicksal, auf Gott, auf andere beteiligte Personen. Wer die Wut nicht zulässt, fällt in Depressionen, daher ist es sehr wichtig, zu wissen, dass diese Wut einen Teil der Trauerbewältigung ausmacht. Auch Schuldgefühle entstehen: Hätte man etwas tun können, um dies zu verhindern? Hatte man einen Streit und kein gutes Ende mit dem Verstorbenen? Leider gibt es keine letzte Chance mehr, wenn der Tod Einzug gehalten hat. Damit muss man zurechtkommen. Aus diesem Grunde ist es ungemein wichtig, wie auch Fenwick in seinem Buch betont, dass es von beiden Seiten aus, Sterbende(r) und Angehörige, eine Versöhnung und ein Vergeben gibt.
– Das Chaos der Gefühle
War man erst wütend auf Gott oder das Schicksal, beginnt nun der Hader mit dem einen oder anderen. Selbst wenn man einerseits erleichtert ist, weil der Tod einem vielleicht schmerz- und leidvollen Zustand ein sanftes Ende geschenkt hat, ist man auf der anderen Seite den negativen Gefühlen ausgesetzt. In dieser Trauerphase sollte man nicht auf jede einzelne Empfindung eingehen und sich nicht selbst mit Luchsaugen beobachten. Es ist einfach ein großes inneres Durcheinander, das man durchstehen muss.
– Depressionen und Ängste
Natürlich schlaucht dieses innere Chaos ungemein. Daher können nun depressive Verstimmungen oder echte Depressionen auftreten. Mit Letzteren ist nicht zu spaßen, ihre Behandlung gehört in ärztliche Hand. Ängste machen sich breit, denn nun erkennt man, dass man allein ist. Der Partner oder die Partnerin, das Elternteil oder ein geliebtes Kind ist gestorben und wird nie wiederkommen. Es braucht einige Zeit, um festzustellen, dass das eigene Leben einfach weitergeht und man den Tag auch ohne diese Person bewältigen kann, immer einen nach dem anderen.
– Das Akzeptieren
Körper und Seele sind erschöpft. Doch der Prozess der Trauerphasen findet nun ein Ende, denn man beginnt, das Unvermeidliche zu akzeptieren. Das Leben für einen selbst geht weiter und der bzw. die Verstorbene hätte sicher nicht gewollt, dass man für den Rest der eigenen Lebenszeit traurig und niedergedrückt ist. Man fängt an, das eine oder andere wieder zu genießen, sich an kleinen und großen Dingen zu freuen. Die Trauerbewältigung ist abgeschlossen.
Fazit
Natürlich sind die Übergänge der Trauerphasen fließend und jede bzw. jeder braucht seine eigene Zeit, um sie zu durchleben. Es ist ausgesprochen hilfreich, wenn man für seine Trauerbewältigung verständnisvolle Verwandte und Freunde an seiner Seite hat, die einem da durchhelfen und einen nicht allein lassen.