Bhagwan – der schillernde Guru
Bhagwan hat durch seine Zusammenführung von östlicher Mystik aus Buddhismus, Hinduismus und Jainismus sowie westlichen Therapietechniken eine neue Form religiöser Lehre und religiöser Erfahrungen geschaffen. Seine Lehren und manche seiner Therapiegruppen, zum Beispiel die Encounter- oder Tantra-Gruppen, in denen auch Aggression und Sexualität ausgelebt werden konnten, haben ihm viel Widerstand und Kritik eingebracht. Er galt als schillernde Persönlichkeit. Auf der anderen Seite hat er vielen Suchern aus aller Welt wichtige Impulse für ihre religiöse und spirituelle Entwicklung gegeben, indem er ihnen neue existenzielle Erfahrungshorizonte eröffnet hat. Die Neo-Sannyas-Bewegung hat lange Jahre in Deutschland und weltweit zahlreiche Meditations- und Therapiezentren betrieben und tut dies bis heute. Inzwischen sind die Impulse Bhagwans als Elemente der modernen Meditations- und Therapieszene weiterhin nachhaltig wirksam.
Verbindung von östlicher Mystik und Spiritualität mit westlicher Psychologie
Kennzeichnend für Bhagwan ist die Verbindung von östlicher Mystik und Spiritualität mit westlicher Psychologie. Vor allem bezieht er intensive Körperarbeit in den therapeutischen und spirituellen Prozess ein. Es hat sich inzwischen gezeigt, dass Bhagwan als einer der wichtigsten Pioniere für den Einfluss indischer Spiritualität auf westliches Denken und therapeutisches Handeln angesehen werden kann. Dabei wurde er u. a. von Fritz Perls (Gestalttherapie), Alexander Lowen (Bioenergetik) und dem Mystiker G. I. Gurdjieff inspiriert. Bhagwan hat nicht wie andere Gurus – etwa der Gründer der „Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein (ISKON), Bhaktivedanta Swami Praphupada – versucht, hinduistisches Denken ungefiltert in den Westen zu tradieren, sondern eben diese neue Synthese herzustellen. Das planmäßige Überschreiten gesellschaftlicher und religiöser Tabus hatte bei ihm Methode. Dieses Verhalten wurde von seiner indischen Umwelt als dauernde Provokation empfunden. In Europa brachte ihm dieses Verhalten ständig eine „schlechte Presse“ und massive Kritik ein. In den Medien wurde sein persönlicher Lebensstil mit Hunderten Luxusautos und von Brillanten besetzten Armbanduhren kritisiert. Ebenso bestimmte Praktiken wie die Encounter- und die Tantra-Gruppen, in denen es um das Ausleben von Aggressionen und Sexualität ging. Allerdings blieb die Kritik meist an den äußeren Phänomenen hängen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Bhagwans Lehren fand in den öffentlichen Medien so gut wie nicht statt.
Über den Autor
Dr. Fritz Reinhold Huth, Evangelischer Pfarrer im Ruhestand. 10 Jahre der „Beauftragte für neue religiöse Bewegungen und Weltanschauungsfragen“ der Ev. Kirche in Hessen und Nassau. Studienreisen und Feldstudien in Indien, u.a. in Ladakh, in Nepal, in Sri Lanka, in der Türkei und in Ägypten. Vorträge auf inter-religiösen Kongressen in Indien, Ladakh, Ägypten und der Türkei. Lehrbeauftragter an den Universitäten in Frankfurt am Main, Marburg und an der Kirchlichen Hochschule in Darmstadt im Bereich Ev. Theologie und Religionswissenschaft. Weiterhin Lehrbeauftragter an der Universität des 3. Lebensalters an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main.