Walter Homolka
„Durch Wissen zum Glauben“ – Die Wissenschaft des Judentums im Kontext der Rabbinerausbildung
Zusammenfassung
2022 jährte sich die Eröffnung der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums zum 150. Mal. Der Begriff „Wissenschaft des Judenthums“ ist eine Schöpfung von Leopold Zunz (1794–1886). Zunz und Rabbiner Abraham Geiger (1810–1874) setzten zwei ganz unterschiedliche Akzente bei der Ausgestaltung der Wissenschaft des Judentums. Zunz ging es darum, die jüdische Literatur und Geschichte an der Universität vertreten zu lassen. Geiger ging es um die Veränderbarkeit der zeitlichen Ansprüche an die Theologie. Das Jüdische Lexikon von 1928 kennzeichnet seine Stellung im Kreis der Begründer der Wissenschaft des Judentums damit, dass er bestrebt war, die Wissenschaft und die historische Kritik für die Theologie, für die religiöse Reform und für die Neugestaltung des Judentums „in der Richtung auf die Weltreligion“ zu verwerten. Der Historiker Arndt Engelhardt fasst das so zusammen: „Hatte Zunz die Wissenschaft des Judentums an die Philologie gebunden und damit gleichsam säkularisiert, so widmen sich die reformorientierten Juden der Begründung einer jüdischen Theologie“.1 Der vorliegende Beitrag hat die akademisch ausgerichtete Rabbinerausbildung in Deutschland in Geschichte und Gegenwart im Fokus.
Emanzipation, Haskala, Judentum, Jüdische Theologie, liberales Judentum, Rabbinerausbildung, Reformjudentum, Wissenschaft des Judentums
„Through Knowledge to Faith“ – The Science of Judaism in the Context of Rabbinical Training
Summary
2022 marks the 150th anniversary of the opening of the Hochschule für die Wissenschaft des Judentums iin Berlin. The term „Science of Judaism“ is a creation of Leopold Zunz (1794‒1886). Zunz and Rabbi Abraham Geiger (1810‒1874) set two quite different accents in the shaping of the Science of Judaism. Zunz was concerned with having Jewish literature and history represented at the university. Geiger was concerned with the changeability of the temporal demands on theology. The Jüdisches Lexikon of 1928 characterizes his position in the circle of the founders of the Science of Judaism by saying that he strove to utilize science and historical criticism for theology, for religious reform, and for the reorganization of Judaism „in the direction of world religion.“ The historian Arndt Engelhardt summarizes it this way: „If Zunz had tied the Science of Judaism to philology and thus, as it were, secularized it, the reform-oriented Jews devoted themselves to the founding of a Jewish theology“ (Engelhardt: Arsenale jüdischen Wissens, 2013, p. 124). This article focuses on academically oriented rabbinical training in Germany in history and the present.
Emancipation, Haskalah, Jewish Theology, Judaism, Liberal Judaism, Rabbinical Training, Reform Judaism, Science of Judaism
77. Ergänzungslieferung / 2023 / Gliederungs-Nr.: III – 5.2.1