Ergänzungslieferung 80
Drei der in dieser Ergänzungslieferung präsentierten Beiträge stammen aus dem Bereich des Juden-tums. Unser Fachgebietseditor, Rabbiner Prof. Walter Homolka, bereichert die EL 80 gleich mit zwei Abhandlungen. In „Von der Verurteilung hin zur Inklusion: Jüdische Perspektiven zur Homosexualität“ fasst er zum einen die traditionellen Haltungen zusammen und stellt anderseits neue Ansätze zum Thema Homosexualität in jüdischer Theologie, Liturgie und im synagogalen Leben in den heutigen großen jüdischen Denominationen vor. Homolkas zweiter Beitrag „`Sein Blut komme über euch`: Je-sus Christus als Motiv für christlichen Antijudaismus“ stellt in einem souveränen Überblick über un-terschiedliche Phasen (beginnend bei den Evangelien, über Mittelalter, 19. Jahrhundert mit der christ-licherseits nicht rezipierten jüdischen Leben-Jesu-Forschung bis zur Schoa und zum heutigen Dialog) und Phänomene des christlichen Antijudaismus dar, der aufs Engste verbunden ist mit der Vorstel-lung der Juden als „Christusmörder“, die verantwortlich für die Kreuzigung Jesu seien.
Unser zweiter Facheditor für den Bereich Judentum, Hartmut Bomhoff, widmet sich dem interreli-giösen Brückenbauer Ernst Ludwig Ehrlich (1921–2007), einer der letzten vier Schüler des bedeu-tenden liberalen Rabbiners Leo Baecks, der zu den herausragenden Gestalten des deutschsprachigen Judentums nach der Schoa zählt.
Die für das HdR-Fachgebiet Katholische Religionspädagogik/Katechetik zuständige PD Dr. Maike Maria Domsel beleuchtet in ihrem Beitrag „Zwischen Zerrissenheit und Neuorientierung – Erinnerungs-lernen am Beispiel der Umsiedlung des Dorfes Keyenberg (Rheinisches Braunkohlerevier)“ „die vielschichtige Dynamik des Erinnerungslernens im Kontext der Umsiedlung des Dorfes Keyenberg aufgrund des Braunkohleabbaus.“ Sie arbeitet detailliert und erfahrungsbezogen heraus, wie der christliche Glaube in diesem Stadtteil von Erkelenz/Kreis Heinsberg, NRW, „als Referenzpunkt und spiritueller Wegweiser im Umgang mit Verlust- und Trauererfahrungen“ fungiert. Daraus gewinnt Maike Domsel einen praktischen „Leitfaden für den Umgang mit Umbrüchen“. In erster Linie geht es ihr um den „schulischen Kontext mit Kindern und Jugendlichen, die vermehrt mit Verlust- und Trau-erprozessen konfrontiert sind.“
Die Soziologin Dr. Anna Körs, wissenschaftliche Geschäftsführerin und Vizedirektorin der Akademie der Weltreligionen der Universität Hamburg, hat in einigen Forschungsprojekten zu Religion und Bildung und insbesondere zum schulischen Religionsunterricht in international und kontextuell ver-gleichenden Perspektiven empirisch gearbeitet. In ihrem Beitrag „Citykirchen aus soziologischer Per-spektive: zwischen Profilierung, Selbstsäkularisierung und Stabilisierung“ analysiert sie diese bislang empirisch kaum beforschte, ziemlich neue urbane Sozialform des Religiösen. „Auf Basis der Ergebnis-se einer Befragung von 6449 Besuchenden von zwölf Citykirchen in Deutschland und der Schweiz wird argumentiert, dass Citykirchen mit ihrer größtenteils kirchen(raum)nahen Besucherschaft sich nicht nur begrenzt als eine Form kirchlicher Profilierung bzw. Selbstsäkularisierung deuten lassen, sondern vor allem eine wichtige Funktion zur Stabilisierung der individuellen Kirchenverbundenheit übernehmen und zugleich als kirchlich-institutionelle Stellvertreter adressiert werden. Citykirchen sind damit eine wachsende Sozialform im religiösen Feld und zugleich Ausdruck fortschreitender Säkularisierung. Damit verweisen sie allgemein auf die Bedeutung religiöser Gebäude, Architekturen und Räume als Medien der kirchlichen oder religiösen Selbstregulierung in säkularen und multire-ligiösen Gesellschaften.“
Der österreichische Psychotherapeut (Methode: „Transaktionsanalytische Psychotherapie“) Ludger Rieger, M.A., legt einen Beitrag über „Karlfried Graf Dürckheim – Licht und Schatten“ vor, der über-blicksartig dessen Leben und Lehre präsentiert. „Erst kurz vor seinem Tod wurde bekannt, dass er überzeugter Nationalsozialist und Antisemit war.“ Wie kaum ein zweiter übte Karlfried Graf Dürck-heim Einfluss auf spirituell Suchende aus, insbesondere in der existenzialpsychologischen Bildungs- und Begegnungsstätte Todtmoos-Rütte, die er zusammen mit Maria Hippius gründete. Der Autor gelangt zu dem Resumee: „So bleiben in der Auseinandersetzung mit Karlfried Graf Dürckheim immer wieder Faszination und Befremden“.
Mit großem Bedauern müssen wir mitteilen, dass uns unsere Facheditorin für den Bereich „Migration und Religionen“, Frau Prof. Dr. Regina Polak (Assoz.-Prof. MMag. Dr., MAS, Universität Wien) ab so-fort aus beruflichen und familiären Gründen verlassen muss. Regina Polak hat durch Rat und Tat wes-entlich mit dazu beigetragen, das HdR zu einem wissenschaftlich verlässlichen Informatorium weiter-zuentwickeln, das in seiner Art allein dasteht. Für Deine Zukunft, liebe Regina, wünschen wir Dir alles Gute!
Die HdR-Herausgeber