Esoterik und Rechtsextremismus

Handbuch der Religionen, I. Grundlegende Artikel

Julian Strube

Esoterik und Rechtsextremismus

Zusammenfassung

Der Frage nach dem Verhältnis von Esoterik und Rechtsextremismus wird im Folgenden sowohl aus historischer als auch aus gegenwartsbezogener Perspektive nachgegangen. Es werden zwei diachron miteinander verbundene Schwerpunkte gesetzt: Dies ist erstens das Verhältnis von Nationalsozialismus und Strömungen wie Theosophie und Anthroposophie, vor allem aber Ariosophie. Ein zentrales Argument lautet dabei, dass sowohl Esoterik als auch Nationalsozialismus zu Unrecht häufig als das „Andere“ der europäischen Kultur betrachtet werden: Ihre Berührungspunkte resultierten gerade aus Aspekten, die sich als kulturell „ordinär“ erweisen. Zweitens wird die damit verflochtene Entstehung rechtsextremer und neonazistischer internationaler Netzwerke in der Nachkriegszeit beleuchtet. In diesem Zuge wird herausgestellt, dass weit verbreitete Vorstellungen von „Nazi-Okkultismus“ einerseits ein Ergebnis popkultureller Motive sind, zweitens aber auch rechtsextremer Diskurse. Deren Einfluss lässt sich heutzutage nicht nur in subkulturellen oder gesellschaftlich marginalen Kontexten verzeichnen, sondern auch auf weltpolitischer Bühne. Es folgt daher abschließend ein Plädoyer für eine nuancierte historische Kontextualisierung dieses Themas, auf deren Grundlage ein religionswissenschaftlicher Beitrag zum Verständnis nicht nur historischer, sondern auch aktueller politischer Entwicklungen geleistet werden kann.

Esoterik, Rechtsextremismus, Nationalsozialismus, Neonazismus, Theosophie, Anthroposophie, Ariosophie

Summary

The relationship between esotericism and far-right extremism will be investigated from both a historical and a contemporary perspective. The focus will rest on two diachronically related contexts: 1. the relationship between National Socialism and currents such as Theosophy and Anthroposophy, but especially Ariosophy. It will be argued that both esotericism and National Socialism are often misleadingly regarded as the “other” of European culture: The links between them prove to be culturally “ordinary.” 2. the emergence of international far-right and neo-Nazi networks in the post-war period will be discussed. It will be shown that widespread perceptions of “Nazi occultism” were, on the one hand, the result of pop cultural notions, and of far-right discourses on the other. Today, their influence cannot only be noted in subcultural or socially marginal marginal contexts, but also in world politics. For this reason, this contribution concludes with a plea for a nuanced historical contextualization of these issues, on the basis of which Religious Studies could offer a contribution to an understanding, not only of historical but also of current political developments.

esotericism, far-right extremism, National Socialism, neo-Nazism, Theosophy, Anthroposophy, Ariosophy

55. Ergänzungslieferung / 2018 / Gliederungs-Nr.: I – 14.2.3.2

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