Lerneffekte durch interreligiöses Lernen
Das interreligiöse Lernen ist eine spezifische Lernform des Religionsunterrichts, die sehr ambitionierte Lernziele verfolgt. Neben der Aneignung grundlegenden Wissens über verschiedene Religionen sollen Schülerinnen und Schüler dazu befähigt werden, die Perspektive andersgläubiger Menschen einzunehmen und in interreligiösen Situationen angemessen zu handeln. Darüber hinaus sollen Vorurteile und Stereotype abgebaut und positive Einstellungen gegenüber Angehörigen anderer Religionen verstärkt werden. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über aktuell vorliegende Wirksamkeitsstudien zum interreligiösen Lernen und diskutiert anhand deren Befunde, welche Aussagen wir derzeit über Lerneffekte durch interreligiöses Lernen treffen können.
Auseinandersetzung mit anderen Religionen, Bräuchen und Werten
Mit dem Begriff interreligiöses Lernen wird im deutschsprachigen Raum eine spezifische Lernform des Religionsunterrichts bezeichnet, in deren Mittelpunkt die Auseinandersetzung mit anderen Religionen, ihren Lehren, Symbolen, Bräuchen und Gläubigen steht. Programmatisch setzt sich das interreligiöse Lernen von einer rein religionskundlichen Behandlung der Weltreligionen ab. Stattdessen soll die Auseinandersetzung mit anderen Religionen bei den Schülerinnen und Schülern auch zu Reflexionen über den eigenen religiösen bzw. weltanschaulichen Standpunkt führen. Verbunden damit ist die Vorstellung, dass das interreligiöse Lernen sowohl einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt als auch zur individuellen Identitätsbildung leistet. Der gesellschaftliche Zielhorizont wird vor dem Hintergrund einer zunehmenden religiösen Pluralisierung formuliert: Da sich in unserer heutigen Gesellschaft Individuen mit unterschiedlichen religiösen Vorstellungen, Traditionen, Werten und Symbolsystemen begegnen und das Zusammenleben ausgehandelt und gestaltet werden muss, gehört es zum Bildungsauftrag der Schule, Schülerinnen und Schüler darauf vorzubereiten, in einer religiös pluralen Gesellschaft leben und diese mitgestalten zu können. Dies schließt die Notwendigkeit ein, Fähigkeiten der Perspektivenübernahme, des Verstehens fremdreligiöser Traditionen und der Kommunikation zu erlernen.
Über den Autor
Jun.-Prof. Dr. Alexander Unser, Professor für Katholische Theologie mit dem Schwerpunkt Religionsdidaktik, Technische Universität Dortmund.