Der Sikhismus, entstanden im Punjab, Indien, verbindet die spirituellen Wege des Hinduismus und des Islam zu einer einzigartigen Synthese. Gegründet von Guru Nanak im 15. Jahrhundert, stellt er eine Reaktion auf die ritualistischen Auswüchse und die sozialen Ungleichheiten seiner Zeit dar. Die Sikh-Religion betont die Einheit der Schöpfung und verehrt einen gestaltlosen Schöpfergott. Sie betont die Gleichheit aller Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft oder Religion.
Die Lehren des Sikhismus
Im Zentrum der Sikh-Lehre steht die Überzeugung, dass es nur einen Gott gibt, der jenseits aller menschlichen Vorstellungen existiert. Diese Überzeugung, zusammengefasst in den heiligen Schriften, dem Guru Granth Sahib, lehnt jede Form von Bilderverehrung ab und fördert ein Leben in Ehrlichkeit, Güte und Selbstlosigkeit. Der Sikhismus nimmt eine klare Position gegen das Kastensystem ein und fordert seine Anhänger auf, sich aktiv für das Wohl der Gemeinschaft einzusetzen.
Das religiöse Leben der Sikhs
Die Gurdwaras, die Gotteshäuser der Sikhs, sind Orte des Gebets und der Gemeinschaft. Sie stehen allen Menschen offen und beherbergen oft die Langar, eine kostenlose Küche, die das Prinzip der Gleichheit und Gastfreundschaft unterstreicht. Der Sikhismus kennt keinen Klerus; stattdessen kann jeder Gläubige an den Zeremonien teilnehmen und die heiligen Schriften rezitieren. Dies unterstreicht die demokratische und inklusive Natur der Sikh-Religion.
Das Erscheinungsbild der Sikhs: Turban und die 5 K’s
Praktizierende Sikhs, vor allem männliche Religionsanhänger, erkennt man an einem kunstvoll gebundenen Turban (Dastar). Die Kopfbedeckung samt ungeschnittenem Haar drückt entsprechend dem Selbstverständnis der Sikhs Weltzugewandtheit, Nobilität und Respekt vor der Schöpfung aus. Der Turban soll zu jeder Zeit und an jedem Ort getragen werden. Im Alter zwischen 12 und 16 Jahren bekommen die Jungen in der Dastar-bandi-Zeremonie im Gurdwara ihren ersten Turban überreicht. Sikhs, die sich in die Bruderschaft des Khalsa Panths initiieren lassen, heißen Amritdharis und tragen die fünf Ks. Diese sind:
- Kesh (langes Kopf- und Barthaar): Das ungeschnittene Haar symbolisiert die Natürlichkeit und die Respektierung des Willens Gottes.
- Kangha (ein kleiner Holzkamm): Steht für Sauberkeit und Ordnung.
- Kara (ein Eisen- oder Stahlarmreif): Symbolisiert die Unzerbrechlichkeit und die Bindung an die Gemeinschaft.
- Kirpan (ein Dolch oder Schwert): Repräsentiert das Recht und die Pflicht, Gerechtigkeit zu verteidigen.
- Kachera (eine spezielle Kniehose): Symbolisiert Wachsamkeit und Bereitschaft.
Diese Merkmale dienen nicht nur der Identifikation und dem Zusammenhalt der Sikh-Gemeinschaft, sondern erinnern die Gläubigen auch an ihre spirituellen Verpflichtungen und ethischen Prinzipien.
Speisevorschriften: Vegetarismus und Gemeinschaft
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Sikhismus sind die Speisevorschriften. Traditionell befolgen Sikhs eine vegetarische Diät, die auf den Prinzipien der Gewaltlosigkeit (Ahimsa) und der Reinheit des Körpers und des Geistes basiert. Alkohol, Tabak und Drogen sind verboten, da sie als schädlich für die spirituelle und körperliche Gesundheit angesehen werden.
Die Langar, eine Gemeinschaftsküche in den Gurdwaras, ist ein zentrales Element der Sikh-Religion, das Gastfreundschaft und Gleichheit demonstriert. Jeder, unabhängig von Religion, Geschlecht oder sozialem Status, ist willkommen, an dieser gemeinsamen Mahlzeit teilzunehmen. Die Langar unterstreicht die Bedeutung der Gemeinschaft und des Teilens und ist ein lebendiges Beispiel für die praktische Anwendung der Sikh-Prinzipien.
Eine globale Gemeinschaft mit starker Präsenz in Großbritannien
Obwohl seine Wurzeln tief in der indischen Geschichte verankert sind, hat der Sikhismus eine bedeutende Präsenz weltweit, besonders in Großbritannien. Sikhs sind bekannt für ihren Beitrag zur Förderung von Frieden und universeller Brüderschaft, Werte, die heute relevanter denn je sind. Die größte Anzahl von Sikhs außerhalb Indiens findet sich in Großbritannien, wo etwa 300.000 Sikhs leben. Diese beachtliche Zahl bringt die Sikh-Gemeinschaft in Großbritannien auf eine ähnliche Größenordnung wie die dort lebende hinduistische Gemeinschaft. Diese starke Präsenz unterstreicht die bedeutende Rolle, die die Sikh-Gemeinschaft im kulturellen und religiösen Leben Großbritanniens spielt.
Sikhs in anderen europäischen Ländern
In anderen europäischen Ländern variieren die Zahlen der Sikh-Gemeinschaften, die oft auf Migrationswellen von Flüchtlingen basieren. Die 1980er Jahre sahen den Versuch, in Deutschland eine nationale Organisation für Sikhs zu etablieren – die Sikh Federation Germany mit Sitz in Essen. Diese Bemühung zielte darauf ab, etwa 3.000 bis 5.000 in Deutschland lebende Sikhs zu repräsentieren, stieß jedoch aufgrund von internen Meinungsverschiedenheiten und der politischen Lage im Punjab auf Schwierigkeiten.
Gemeinschaftsleben und Organisation
Die Sikh-Gemeinschaften in Europa, beispielsweise in Hamburg, Köln, Stuttgart, Frankfurt am Main, Duisburg und Berlin, sind oft als gemeinnützige Vereine organisiert. Diese Organisationen spielen eine zentrale Rolle in der Pflege und Förderung der kulturellen und religiösen Identität der Sikhs in Europa. Sie bieten einen Rahmen für Gottesdienste, soziale Veranstaltungen und die Langar, die offene Gemeinschaftsküche, die ein Kernstück der Sikh-Tradition ist.
Förderung der universellen Brüderschaft
Die Präsenz der Sikhs in Europa ist ein lebendiges Beispiel für die Art und Weise, wie religiöse und kulturelle Traditionen in der globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts über nationale Grenzen hinaus gedeihen können. Durch ihren Beitrag zur Förderung von Frieden, Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit bereichern die Sikhs die kulturelle Vielfalt Europas und stärken die Bande der universellen Brüderschaft.
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